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HOW
TO DO THINGS WITH WORLDS, 9 Optimierung:
Input minimieren, Output maximieren. Liebe Handlungsreisende, unser Problem, das
Problem der bestmöglichen Verbindung einer Anzahl von Orten, ist
Prototyp einer großen Klasse praktisch bedeutsamer Minimierungs-
oder Maximierungsaufgaben. Und diese gleichermassen einfache wie komplexe
Aufgabenstellung ist fester Bestandteil der alltäglichen Flüsse
des Postfordismus: von der globalen Warenlogistik zum Entwurf von Mikrochips,
vom Aufzugsdesign zur Planung von Kapitalanlagen und Kommunikationsnetzwerken.
Rundherum wie innendrin wird optimiert – was dennoch immer schwerer
fällt ist Handeln selbst und selbst zu handeln. DiskursDisko / spiel:platz – download info-poster: pdf (5,2mb)
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Du bist in einem fensterlosen Raum, eine Art Studio. Die Szene für die Aufnahme, das Studiosetting oder was auch immer sind nur bruchstückhaft vorhanden. Du siehst allerdings einige Leute herumlaufen, dieses und jenes verändern, also nimmst du an, daß die Szene sich noch im Aufbau befindet. Der Raum ist grossteils schwarz (wahrscheinlich um kein störendes Licht zu reflektieren). Dieses Nichts wird von einer Art Raster verwaltet, ein Koordinatensystem für den Studiobetrieb, eine cartesianische Orientierungshilfe. Du erkennst, dass der Umbau des Raums, d.h. eigentlich: der Aufbau der neuen Szene, entlang dieser Hilfslinien erfolgt. Peinlich genau werden Licht, Requisiten, Stand-Ins von DarstellerInnen usw platziert. Unzählbare Konstellationen werden vor deinen Augen ausprobiert, du gehst herum und siehst dir das ganze aus unterschiedlichen Perspektiven an. Eine praktisch unendliche Zahl von Permutationen, und vielleicht fragst du dich jetzt: Welche
dieser Möglichkeiten von Raumanordnungen in ihren zeitlichen Abfolgen
ist die optimale? (Und für WEN?)
Die Optimierung von ökonomischen, sozialen und politischen Prozessen und die permanente Verbesserung der Simulationsmodelle, die diesen Optimierungen zugrundeliegen, diese Art des Handelns in und durch Modelle, stehen dieses Mal im Mittelpunkt unseres Interesses.
Logistik beschäftigt sich also mit Flüssen von Objekten, materiellen wie auch immateriellen. Wenn Sie so wollen, ist das was sie hier heute sehen werden, auch eine Illustration von Logistik: Wie wir hier versuchen, eine Episode zu drehen, die optimal über Optimierung informiert. Die dutzenden Menschen, die durch das Studio laufen, das sind Materialisierungen von Flüssen von Kameras, Mikrofonen, Filmmaterielien – aber auch von Informationen, und sogar von Gefühlen. Wir sind hier mit ganzem Herzen bei der Sache. Hier, im Studio, hier kennen wir die Ups und Downs: den Stress und die Verzweiflung, wenn Dinge nicht so laufen wie sie sollten; die permanenten Deadlines; aber wir kennen auch das Hochgefühl, wenn wir wissen, daß wir Millionen von leuten an den Schirmen einen unterhaltsamen und informativen Abend liefern werden. Just in Time. Heute
sind SIE das Optimierungsprogramm. Wir wollen Ihnen dazu auch den größtmöglichen
Spielraum geben. Sie können sich hier frei bewegen, schauen Sie sich
ruhig die Räumlichkeiten an, bitte stören Sie jedoch nicht den
laufenden Betrieb. Und wenn Sie sich jetzt überfordert fühlen:
Keine Sorge, uns geht es jedes Mal aufs Neue so.
Schon
in der Antike wurden Raster beschrieben und verwendet, verschwanden jedoch
im Mittelalter von der Bildfläche. Erst mit der Renaissance und der
Entdeckung der Perspektive taucht das Raster wieder auf.
1872 beschäftigte eine immens wichtige Frage die bessere Gesellschaft von Kalifornien: Befinden sich bei einem galoppierenden Pferd zeitweise alle vier Beine in der Luft? Edweard Muybridge, ein Landschaftsfotograf, löste das Rätsel durch den Einsatz einer Apparatur zur Serienfotografie. In den folgenden Jahren verwendete er den selben Aufbau von Kameras vor Koordinatensystemen für unzählige Bewegungsstudien von Mensch und Tier. Mit seinen Bildern von Zeit und Bewegung entwarf er eine der Grundlagen für die Studien eines anderen Amerikaners: Frederick Winslow Taylor. Dieser forderte, daß von nun an genaue Zeit-und Bewegungsstudien und exakte Aufzeichnungen der Arbeitsabläufe das Fundament der industriellen Produktion bilden sollten. Die
Wirtschaftskrise und der Zweite Weltkrieg zeigten jedoch die Schwachstellen
des Taylorismus auf und führten zu seiner Weiterentwicklung: Es gab
plötzlich weder die Zeit noch die Ressourcen, um DIE beste Methode
zu ermitteln. Ebenso entwickelten sich komplexere Produktionsweisen, deren
unzählige Elemente nicht mehr linear in eine vorgegebene optimale
Lösung münden konnten. Man mußte improvisieren.
Die
Arbeit eines Jungen in einer Tapetenfabrik (wie es Marx beschreibt) erfordert
die Koordination von Kopf und Hand, Fingern und Schultermuskulatur.
Dies
ist das Zeitalter der Kreativität. Die Rolle von Managern und Produzenten
wie mir ist nicht mehr Kontrolle, sondern Ermutigung – Ermutigung
kreativ zu sein. Das ist das neue Managment Paradigma.
Im
Studio oben werden die Infomagazine produziert. Nebenan Soaps. Unten läuft
alles zusammen, in den Schnitträumen.
– Du meinst also, daß der Postfordismus eine 4D-Animation ist; eine Manipulation des Raum- Zeit-Kontinuums, animiert und manipuliert zur Optimierung des Profits? – Nö, ich würde eher meinen: 5D. – Und was ist das fünfte D, die neue Dimension? – Das Subjekt. Du. Ich.
Das Faszinierende ist, dass man selber erschaffen kann. Das ist schon interessant. Dass man eine Welt geschaffen hat, wo man sich drinnen bewegen kann.Im Computer halt. Schon irgendwie interessant, finde ich. Also rein, dass das möglich ist.
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