Spider
and I sit watching the sky MY
LIFE AQUATIC, postdramatisch. With Hunter S. Thompson
I didn’t bring the cigarettes. Ich sitze hier an diesem unvorstellbar unbequemen Tisch, vor mir der Rechner, links davon ein paar Notizen und ein gekühltes Glas Wodka. 24 Stunden zuvor saß ich auch hier, aber dass ich keine Zigaretten mitgebracht hatte, daran dachte ich nicht mehr. Ich weiss noch, dass ich sie beim Einpacken in Wien vor mir gesehen habe, neben dem Bett, zusammen mit all dem anderen Zeug, das ich sehr wohl einpackte. Es war eigentlich klar, daß mir die Zigaretten fehlen würden. Später dann, in Eisenstadt, wollte ich auch keine kaufen, wahrscheinlich, weil ich dachte, mir als Nichtraucher bliebe dann wieder eine halbe Packung übrig - so wie die in Wien. Die Einleitung wieder mal versaut, schrieb Hunter. Ich habe einen Stapel wunderbarer Bücher hierhermitgebracht, in Vorfreude auf eine wunderbare, arbeitsame und output-reiche Zeit, ein paar Tage in Rust am Neusiedler See. Eine Seehütte, das ist ein Pfahlbau, umgeben von Wasser und Schilf, ohne Wasser- und Strom-Anschluss. Die beste Zeit hier ist jetzt, nicht zuletzt weil die üblichen Wochenendbewohner des Hauses eine Flugreise ins Mittelmeer unternommen haben. Und die Gelsen noch nicht geschlüpft sind (woraus eigentlich?). Alle Wetterberichte haben bis zu 34 Grad für das verlängerte Wochenende vorhergesagt. Und das Ende Mai! Die Bücher liegen beinahe unberührt so da, wie ich sie gleich nach dem Ankommen Mittwoch abend auf die Ablage platziert hatte: Text+Kritik: Theater fürs 21. Jahrhundert. A Grammar of the Multitude. Der Gouvernementalitäts-Schinken von Suhrkamp. Wir alle spielen Theater von Goffman. Band 6: Die Sechziger Jahre II. - Das hatte ich mir noch in Eisenstadt geschnappt, aus meinem alten Jugendbuchregal. Mochte ich damals nicht, aber warum nicht einen neuen Versuch starten? Entweder sind die Stories so schlecht übersetzt oder SciFi hatte einen Erdrutsch-Niedergang in den 60ern. Ja, ich habe ein paar Geschichten gelesen in den letzten beiden Tagen, aber kein Wort mehr dazu. Auch aus der Theaterausgabe von Text+Kritik habe ich zwei, drei Artikel gelesen. Über postdramatisches Theater, und im Anschluss sogar Notizen gemacht. Das war vielleicht auch schon am nächsten dran an meiner eigentlichen Vorgabe, eine erste Evaluation über die W…WirWissen Ausstellung (Wissensproduktion, Kollektivität, etc.) zu schreiben, zumindest zu skizzieren. Bisher nicht erwähnt: das sechste Buch. Nicht erwähnt, weil es auf dem Sofa liegt. Aufgeschlagen, ca. in der Mitte. In den letzten beiden Tagen 250 Seiten gelesen: Hunter S. Thompson: Fear and Loathing: On the Campaign Trail 1972. Ein grandioses Buch. Thompson, bekannt durch die Verfilmung von Fear and Loathing in Las Vegas, verfolgt über ein Jahr den US-amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf 1972. Bestechende Beschreibung dieser Art von Politik und der Berichterstattung rundherum. Furios und profund! Und so spannend zu lesen, dass man sofort auf die eigentliche Arbeit vergisst. Aber was solls, Prince of Gonzo! Ich hatte einen ähnlichen Fall vor 3 Wochen, in Graz. Mit einem Freund beim Ex-Freund seiner Schwester übernachtet. Komponist mit hyperbürgerllicher Wohnung inklusive Freundin. Und einem Luxus-Versandkatalog, der sich im folgenden als die Bedienungsanleitung der Wohnung herausstellen sollte. Jedenfalls, wir sitzen so gegen 1 Uhr nachts in der Küche, Wolfgang und ich, der Komponist schon in der Heia, und Wolfgang war bis vor kurzem schwerer Raucher. Bis vor kurzem. Deswegen stellte sich die Frage ob er mitrauchen kann. Ich mischte extrem, nur ein paar Futzel Tabak vor dem Filter und zwischendrin, als Zunder. Dann macht Wolfgang einen Zug und will nicht mehr. Ich rauche das hochprozentige Teil quasi alleine. Die nächsten Stunden dann Wiedersehen im Versandkataloguniversum. Letzte
Nacht also durchsuche ich die verdammte Seehütte nach Zigaretten
- immerhin sind meine Eltern beide Raucher! - nichts. Nach dem dritten
Durchgang durchsuche ich die Aschenbecher. Ich finde einen Stummel, der
noch was hergeben könnte. Ich baue das dünnste Gerät, nur
vor dem Filter etwas Tabak aus dem letzten Sommer und mit den teerigen
Rückständen seiner ehemaligen vorderen 3/4 durchsetzt, sonst
nur grünes Gras. Beim Rauchen fällt mir mal nichts auf. Ich
schaue mir weiter The Life Aquatic with Steve Zissou in wirklich
mieser DivX Auflösung an. Dazu muss man sagen, dass wir hier auf
der Seehütte keinen 220V Strom haben, sondern nur solargespeiste
24V Batterien. Es gibt einen 230V Wandler, aber ohne Gleichrichter. Was
auch immer das technisch bedeutet, die 230V die da rauskommen sind alles
andere als sauberer Wechselstrom. "Sicher kannst du ihn verwenden.
Aber du weisst, wie rot das Bild des Fernsehers wurde, den ich damit betrieben
habe?". Ich habe auch die Nachbarn gefragt, ob sie einen Transformator
mit Gleichrichter haben, aber die haben nicht mal Strom. Nun gut, mein
Akku ist sowieso tot, und mein Powerbook hat keine elektronenbefeuerte
Bildröhre sondern einen LCD-Schirm. Und ausserdem muss ich arbeiten.
Und Life Aquatic zu schauen ist Teil davon, denn irgendwie will
ich diesen Film als Rahmen und roten Faden für die Analyse der Ausstellung
verwenden. Warum? Weil ich nicht sagen kann worum es in dem Film geht,
weil er keine nennenswerte Handlung hat, aber trotzdem funktioniert? Hier
läge dann auch auch der Kurzschluss zum postdramatischen Theater:
Meine Notizen bezeugen: Also: Frag mich nicht worum es im Film geht… Irgendwie sehr lose angelehnt an Cousteau, den Meeresforscher. Wir begleiten den kiffenden Steve Zissou und seine Crew (Juhuu!) bei seiner vielleicht letzten Forschungsreise, auf der Suche nach dem Jaguar-Hai, der seinen Kompagnon Esteban gefressen hat. Die Crew ist zugleich die Filmcrew, denn Zissou macht so effektheischerische wie altbackene Dokumentarfilme. Im Bauch des Schiffes wird geschnitten und synchronisiert. Film im Film. In der Ausstellung hatten wir auch unser eigenes durchgeknalltes Filmteam. Dazwischen brasilianische Cover-Versionen von David Bowie. Ach zum Teufel, diesen Film beschreiben. Ich schicke jetzt mal ne SMS an Verena, und trinke noch n Wodka. 1:
LIEBE VERENA. ICH SCHREIBE GERADE ÜBER LIFE AQUATIC, DER DIR JA AUCH
SEHR GUT GEFALLEN HAT. DU HAST EINE SMS PLATZ, UM IHN KURZ ZU BESCHREIBEN.
ICH BIN AM N-SEE 0 Freie Zeichen Firn.
Pfefferminz-Bonbons mit Schokoladekern. Von Engelhofer. Auch so ein Mitbringsel
aus Graz, Tipp von Wolfgang. Das mit der Antwort wird wohl auf sich warten
lassen, verdammt. Heute in dem Kaufladen am Campingplatz gesehen und gekauft.
Der sah auch so aus wie Kaufladen klingt: klein und trotzdem leer. Anscheinden
eine Neuübernahme, und als mich der Kassier und Besitzer anspricht,
tut er das in gebrochenem Hochdeutsch, was bei Burgenländern seltsam
kommt, vor allem einem ehemaligen Burgenländer gegenüber. Ich
schalte jetzt mal einen Gang höher: Um 17h auf die Uhr gesehen, den
Thompson schwermütig aus der Hand gelegt, wieder eine Hose angezogen,
darüber mein schwarz weisses Tiger Zebra sonstwas Hemd, die Trucker
Mütze auf und mit dem Elektroboot zum Festland gerockt. In den Badeschlapfen
rüber zum Campingplatz geslippt. Erstaunt über das neue Outfit
des Kaufladens, wie aus der ÖDR importiert. Ich fühlte mich
so sexy. Irgendwie schon den ganzen Tag: Fettes Frühstück um
12, mit 2 weichen Eiern, Avocado-Aufstrich, Prosciutto, mehr, dann den
Laser aufgeriggt: Boot ins Wasser, zwischendurch eincremen, die Sonne
steht SEHR hoch, Mast und Segel gelötet, rein in den Mastfuss, rein
in den Neoprenanzug? - nein, nur mitnehmen, rein ins Boot, ab. Endlich
ein Wind, ich komme ins Gleiten. Ich denke an Eno's Here Come The
Warm Jets, so muss das aussehen: Ein elendslanges Zoomobjektiv. Gleichbleibende
Einstellung ins Wasser hinaus, der Blick getrübt durch die Gischt
der Wellen, beinahe nebulös. Langsam tauchen aus dem Grau eine Phalanx
aus Surfern auf. Sie kommen kaum näher trotz Affenzahn (scheinbar,
das Zoomobjektiv!!!), aber werden erkennbarer. Diese Linie an Surfern
fetzt also übers Wasser. Das Bild ist eine Spannung schlechthin.
Gitarren Wall of Sound, langsam Rhythmus und dann Stimmen die auftauchen.
Wahnsinn. Ich
segle ans andere Ufer. Ich mache eine Wende und kehre um. Südwind,
daher segle ich meist hart am Wind. Bei einer Bö falle ich ab und
gehe auf Halbwind. Ich komme ins Gleiten. Segelmaschine: Eine Hand an
der Schot, die andere am Pinnenausleger. Mikro-Bewegungen. Der Rumpf beginnt
zu singen wie ein Wal, wenn das Boot die Wellen überholt. Here Come
The Warm Jets. Dann, sehr schnell: Zang! Platsch! Whoop. Vor dem Whoop
überlege ich, und das ist interessant, dass man in nur einer Zehntelsekunde
überlegen kann!, ob ich die Schot loslasse oder halte. Ich halte.
Als ich auftauche (eben Whoop) liegt der Laser schon gekentert da. Ich
steige auf das Schwert und richte das Boot wieder auf. Schon mal bei voller
Fahrt auf Halbwind der Ausreitgurt gerissen? Ganz witzig, wenn man mit
dem gesamten Körpergewicht mit den Füssen im Gurt hängt,
vom Arsch aufwärts über der Bootskante, um den Winddruck aufs
Segel auszutarieren und dann in einer Millisekunde der Halt der Füsse
wegfällt, haha… Ich knote den Gurt behelfsmässig zusammen
(Naht gerissen), ziehe mir dann doch das Neopren an - nasse Haut und Wind,
etc… Naja, dann wieder On the Campaign Trail lesen in der Sonne, nahtlos, und dann ist es eben 17h. Der Kassier sagt das Geschäft geht schlecht, ich sage nicht, kein Wunder bei dem Sortiment. Er sagt: 6.66 macht das. Ich schaue ihn an. Er sagt, das ist heute schon das zweite Mal. Ich nehme den Kassazettel und gehe. Verena, Herausgeberin!, wo bist du wenn man dich braucht? Schreib endlich! Lass Butter der Rolling Stone sein! Lass Avamigran Speed werden! Ich weiss ich habe dir eine Science Fiction Gescichte versprochen und keine lausige verdrogte Urlaubsbeschreibung… Meine Notizen sagen: beinahe durch mit uns! Masterplan sagt auch noch was von einer Einreichung, die zu schreiben ist bis Sonntag. Und wer sagt, dass der ungleichgerichtete Strom nicht noch meinen Rechner schiesst? Sofort APFEL-S. Noch immer keine Zigaretten. Ich suche nochmal. Nicht mal mehr Kippen gibts. Früher, ganz früher, haben wir Zimt geraucht, Muskat gegessen und so. Ich finde Oregano. Die Nachtfalter krachen weiter gegen die Fensterscheibe. APFEL-Z. Scheisse geht nicht mehr. Ging gestern auch nicht. Life
Aquatic dauerte noch. Ein paar mal laut aufgelacht. Erstaunt, wie
ordentlich ich den Platz verlassen habe. Sogar den Rechner wieder verstaut.
Der Mond leuchtet blutrot beim Fenster rein. Blut? Lieber nicht. Sagma
mal orange. Es funktioniert, erstaunlich. Campaign Trail im Bett lesen.
Eine Passage beginnt sich plötzlich aufzulösen. Aufwachen, es
dämmert, das Licht abschalten - Gedanke: Und das bei Solarstrom!
Gerumpel. Sonne scheint durch das Fenster.- Rumpeln hinter der Hütte.
Ich stehe auf, und schaue bei der Tür vorne raus. Ein Boot am Steg.
Jemand kontrolliert die Abwassertonne, den Stand der Scheisse im Morgengrauen
eines Fenstertages. Ich kann nicht mehr mit völliger Gewissheit sagen,
was dann passierte. Blieb ich im Bett? Stellte ich den WC-Tonnen Prüfer
zur Rede? Fragte ich ihn nach einer Zigarette, um ihm gleichen Atemzug
zu sagen, dass ich eigentlich ja nicht rauche, aber beim Arbeiten manchmal
Lust bekomme, um nur ja nicht sofort und an Ort und Stelle mit ihm eine
rauchen zu müssen? Am
nächsten Tag kam dann auch die SMS von Verena.
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