Gespräch im Radiostudio über die Raumausstattung der Freien Uni Mahagoni
4. Okt. 2005, 0.30h – 2.07h

(Christina Linortner, Julia Wieger, Philipp Haupt, Ralo Mayer)

R: Kannst du draußen das Licht ausmachen?
P: Was hören wir denn gerade?
R:Musik aus dem Regenwald, von einer Mahagoniplantage.

R: Das Mahagoni war eigentlich totaler Zufall oder?
J: Nein
C: Ja sicher.
R: Wir sind doch zufällig bei diesem Baumarkt stehengeblieben, weil ich mir eigentlich einen Plastikboden kaufen wollte, und da haben wir das Laminat gesehen.
P: Aber war das Mahagoni Zufall oder der Laminat?
R: Das Laminat war auch Zufall. Wir sind rein und irgendjemand hat das Laminat gesehen. Und dann haben wir uns Laminatböden angesehen.
J: Aber das Mahagoni war kein Zufall, denn wir waren schon auf der Suche nach so einem dunklen, protzigen Holzboden?
C: Ja, nach etwas Konferenz-zimmer-artigem.
J: Man hätte auch Eiche nehmen können, aber Mahgoni klingt besser.
C: Mahagoni ist auch viel schöner.
J: Bin ich froh, daß das Mahgoni schöner war.

P: Gibt es eigentlich Schiffe aus Mahagoni?
R: Eher aus Teak. Das besitzt bessere Eigenschaften für Wasser.
P: Es wäre leiwand, wenn Mahagoni geeignet wäre für ein Schiff, aber das Laminat gänzlich ungeeignet für jede Flüssigkeit ist.
R: Die Konferenzraumüberlegung war ja, daß diese Treffen eh immer informell ablaufen und es gut wäre dem ein extrem überformalisiertes Setting gegenüberzustellen. Und ein anderer Punkt war, einen Gegenpol zu der trashigen Umgebung zu schaffen.
J: Ich selber vergesse diesen Gedanken zwischendurch, weil für mich dieses trashige Gebäude zur Normalität geworden ist, aber wenn dann Leute kommen, die aufmerksam durchgehen, bemerken die das meist sofort.
P: Ich sehe den Raum im gleichen Verhältnis zu dem umgebenden Trash und die Stärke eher im Verhältnis zum offiziellen Universitätsgebäude. Man gewöhnt sich an die Überraschung innerhalb des Anatomiegebäudes in so einen Raum zu kommen, aber es ist lässig daß in dem abgefuckten Teil des Campus so ein Raum besteht, der ums vielfache besser designed ist als alle anderen Räume der gesamten Universität zusammen. Selbst das Büros des Rektors oder die Kantine...
C: Vielleicht ist das Büro des Rektors ja auch mit Mahagoni verkleidet.

R: Es war auch irre, als erst ein bisschen von dem Laminat aufgelegt war, und und Leute vorbeigekommen sind, die Schlagzeuger zum Beispiel völlig baff waren, was das jetzt soll.
C: Die haben später auch ihren eigenen Gästen den Raum gezeigt und gemeint wir würden einen Parkettboden verlegen.
R: Und gleichzeitig hat das eine große Renovierungswelle ausgelöst, die haben dann ja auch renoviert. - Zurück zum Konferenzraum.

sichtbar wirdP: Wie kams überhaupt zur Idee des Konferenzraumes?
C: Ich glaube das ist aus den verschiedenen Anforderungen entstanden, die von allen Seiten gestellt wurden. Das allerwichtigste war, daß es einen Tisch geben sollte.
J: Meine Erinnerung ist, daß dieses Wort Konferenzraum erst mit dem Laminat aufgekommen ist.
R: Man muß auch sagen, daß eigentlich über außen nach innen gebaut wurde, über den Balkon. Der Balkon war ja zuerst da. Jetzt ist er nicht da, nur imaginär.
R: Das war eben eine der Vorgaben daß unbedingt dieser Tisch da sein mußte, der dann gleichzeitig wieder wegnehmbar sein sollte.
Eigentlich kams zum Laminat ja so, daß der Boden als Tischverkleidung gedacht wurde. Das hat sich dann fortgesetzt, später hat sich die Bank verkleidet, irgendwann ist der Tisch in den Boden gelegt, dann aufgeteilt und wieder zusammengeschloßen.
C: Obwohl die Idee mit aus dem Boden herausklappbaren Möbel, war schon lange vorher da.
J: Gerade die Bank und den Balkon hat es schon davor gegeben.
P: Diese wiederverstaubaren Möbel sind doch eine konkrete Anleihe aus dem Schiffsbau oder?
C: Eigentlich überhaupt nicht.
P: So wie man auf einem Schiff alles unter der Bank verstauen kann, ein optimierter Raumgebrauch.
J: Das war schon auch Teil der Diskussion. Aber im Endeffekt war die Umformung des Konferenzraumes viel wichtiger als die Schiffsanleihe. Die Bank mit dem Stauraum geht dann wieder weg vom Konferenzraum. Das war so gedacht, diesen Konferenzraum wieder zu verzerren.
C: Diese Umformung passiert hauptsächlich dadurch, wenn der Tisch aus dem Boden gehoben ist und darunter befindet sich ein Loch, wo der alte Boden sichtbar wird

P: Habt ihr gesehen gestern im Flex wie die das Mischpult weggeräumt haben?
C: Über die Köpfe der Leute hinweg.
R: Das hättest du für den Tisch auch gern gehabt.
P: Ja sicher. Mit Fernbedienung. Aber die Zwischendecke macht das unmöglich. Es wäre dann einfacher die Tischplatte zu entfernen, denn so wird sie kaum verändert. Es ist quasi immer die mittlere Tischvariante aufgebaut.
J: Ja man sollte sie wieder in den Boden stecken.
R: Die Vorgaben waren, daß der Raum leer sein können muß, daß die Wände freibleiben, und daß es eine Kino –und Vortragssituation geben sollte und die Round-Table Möglichkeit und den Stauraum.
J: Durch diese Vorgaben ist die Bank sehr groß geworden, sehr dominant.
P: Sie ist vor allem dominant, wenn sie nicht besetzt ist. So wie im Moment. Wenn aber sechs Leute dort sitzen.
R: Ich habe Fotos gemacht bei dem Maturareisenvortrag und da sitzen Leute drauf und sie verschwindet dadurch. - Außerdem bildet der Boden mit der Decke ein Spannungsverhältnis, einen Kontrast.
J: Der restliche Raum ist nicht so slick wie wir ihn immer sehen.
P: Interessant in welchen Räumen es dort Zwischendecken gibt und welchen nicht. Im Chefzimmer gibt es keine, oder?

Sms
P: Aha. Aufgrund seiner Dauerhaftigkeit und Widerstandsfähigkeit gegenüber biotischen Faktoren wird Mahgoni auch oft im Schiffbau eingesetzt. Öfter für Interieur. Vielen Dank.
J: Da haben wir es.

R: Die nächste Nummer heißt Bulldozer.

C: Daß die Treppe gleichzeitig Sitzfläche ist, ist in dem Fall sehr pragmatisch. So kann der Raum verschiedene Funktionen erfüllen, wie im bosnischen Haus.
C: Tschickst du P? Ich dachte es wäre verboten?
R: Eh, das ist unsere letzte Sendung in diesem Raum, da darf man tschicken.
P: Im Mahgaoniraum gibts noch keine Aschenbecher.
C: Wir können ins Loch untern Tisch aschen, eigentlich wollte ich da unbedingt was reinschreiben, ein Zitat aus dem Godard Film One-plus-one.
R: Was wolltest du reinschreiben.
C: Hippie virgins are losers.

C: Eine Illusionsmalerei wollten wir auch noch machen.
J: Ja und der Balkon fehlt auch noch. (Illusionsbalkon)
C: Aber das Bemerkeswerteste an unserem Entwurf war, daß wir ihn unglaublich schnell gemacht haben, ich glaube in 10 Minuten.
J: Das stimmt so nicht.
P. Das Model oder die Zeichnung.
C: Wir haben uns einfach sehr schnell entschieden. Normalerweise muß ich da wochenlang herumüberlegen und -zögern.
P. Also zum Zeichnen und zum Rechnen wars schnell durchzuführen.
C. Naja wir haben ja noch nie so etwas umgesetzt, das war nicht so einfach. Primär wegen der eigenen Unsicherheit, ob das dann auch funktioniert.
P: Und funktionierts?
C: Ja ich glaube es funktioniert ganz gut, nur müssen wir es fertigmachen.
P: Was fehlt noch?
C: Die Löcher zum Rausheben...
C: Was mir am Mahagoniraum am besten gefällt ist, wenn die Tischplatte im Boden eingelassen ist, die Fuge zwischen Platte und Boden.
P. Was mir am besten gefällt ist die Lage des Raumes im Gebäude, weil er 2 Fenster hat und extrem lässiges Licht reinkommt und die grindigen Jalousien außen, die centimeterdick mit Staub bedeckt sind.
C: Mir gefällt ziemlich gut wie wir die Wand renoviert haben.
R: Das ist schön bei den Aufnahmen, die unglaubliche Freude. Es gibt Bilder wo wir einfach nur so rumsitzen in dem frisch verschalten Raum und es war so eine Sensation für die Augen, natürlich weil wir den Raum auch vorher kannten. Als wir uns noch was reingeschossen haben und den Raum fertiggemacht haben. Wie richtige Handwerker eben.
J: Der Anfang meiner Krankheit...
R: Und diese Sägespäne überall.

J: Was mir aufgefallen ist in dem Entwurfsprozeß ist, daß die endgültigen Entscheidungen unter uns dreien getroffen worden sind. Die Ideen wurden dann den anderen präsentiert und auch nochmal diskutiert, aber ich denke so ein Design, nämlich ein solch slickes Design, bekommt in einer Gruppendiskussion nicht zusammen.
R: Du meinst in einer größeren Gruppe?
J: Nein ich glaube schon eine mehr wäre zuviel gewesen.
Zum Beispiel die Faulenzer sind viel konsensfähiger in einer Gruppendiskussion als so ein Designstück.
C: Ich glaube auch viele konnten sich den Entwurf nicht vorstellen, obwohl wir auch das Modell präsentiert haben.
P: Weil ihr das Modell präsentiert habt...Weil es gold war. Und wegen der Raumhöhe. Und weil der Balkon da war. Vielleicht kommt ja vom Modell der Faltgedanke.
C: Nein, im Modell sieht es mehr so aus, als würde von draußen durchs Fenster etwas ins Innere fließen.
R: Ein Wasserfallsystem. So wie die Krka Fälle.
C: Ja, wie Terrassen.
J: Das Modell ist natürlich ein Schwindel.
J: Modelle sind immer Schwindel. Und diese zweite Schräge der Bank, die ist erst im Modell passiert, die war ursprünglich rechtwinkelig geplant. Ich hatte es dann aber so eilig beim Bauen, da ist diese Schräge passiert.
R: Es war ja schon eine Anhäufung von Unfällen und Zufällen. Wenn wir nicht beim Bauhaus stehen geblieben wären, wie wäre das alles geworden?
C: Noch viel besser wahrscheinlich.
J: Ich kann mich erinnern, daß total lange die Diskussion war, daß der alte Boden nicht angegriffen wird, weil der so wunderbar wäre, erst als dieser überzeugende Mahgoni Idee präsentiert wurde, ist der Boden dann gefallen. Aber denkt ihr, daß so schnell auf das Modell eingewilligt worden ist, weil das nicht verstanden wurde?
P: Wieso nicht verstanden?
J: Ich habe das Gefühl es können trotzdem leicht Kommunikationschwierigkeiten entstehen, obwohl etwas Konkretes da ist. Zum Beispiel M war schockiert als er das Laminat gesehen hat.
P: Ich weiß nicht ob er schockiert war, aber das Laminat ist ja auch eine herbe Sache. Genauso wie man darauf hineinkippen kann, kann man es hassen.
C:Und hasst du es?
P: Hmm. Ich glaube es ist ziemlich kalt zum Beispiel.
J. Es fehlen ja noch die Polster.
P: Da taugen mir die stapelbaren Plastikstühle viel mehr. Auf der Bank ist es irgendwie kühl, beziehungsweise es braucht eine Weile bis es warm ist.
R: Ich finde es gut, daß es so eine starke Setzung ist mit dem Mahagoni und dem slicken Design. Das ist kein Geschmackskompromiß oder gefällig, sondern eine Position.
R: Es gab diese Diskussion ob es möglich ist eine strenge Vortragsssituation in ein eher informelles Gespräch aufzulockern, aber es ist eben nicht möglich Situationen zu planen, man kann eine Struktur vorgeben, die umbaubar und zerlegbar ist, bzw die von vorneherein bastardisiert ist, so wie ihr das jetzt bei dem Wettbewerb gemacht habt. Eine Formenkreuzung, eine Hybridisierung.
J: Aneignungsgeschichten finden ja nicht in einem leeren, neutralen Raum statt, sondern bestimmte Verhältnisse werden umgebaut und in einer anderen Art verwendet.
R: Es geht von Oberflächen aus, man baut einen Konferenztisch, der aber Teil des Bodens ist und plötzlich bleibt ein 2d Bild übrig, das sich auf den Raum ausdehnt. Die Leute, denen ich vom Raum erzählt habe, waren überrascht, daß nicht der ganze Raum in Mahagoni eingekleidet ist, das war in meiner Darstellung nicht ganz klar. Aber das wäre ein echter Overkill, so eine Holzbox.
J: Ja, so hat alles immer noch eine Funktion, während die Wand auszukleiden wäre eine rein formale Entscheidung gewesen.
P: Man hätte den Raum komplett auskleiden können und auch den Fensterausschnitt, den man hat. Ein Landschafts - compositing aus Mahagoni.
R: Schön wäre eine Mahagoni Leiste über den Hof zu legen und drüben reinwachsen zu lassen in diesem halböffentlichen Raum.
C: Das war ja auch ein Gedanke, daß wenn man reinkommt in die Anatomie, einen Streifen, also zum Beispiel die Hälfte der Stiegenfläche auslegt mit Mahagoni. Das ist natürlich sofort aufgrund der finanziellen Unmachbarkeit gescheitert.
R: Ein bißchen raumgreifend.
J: Ich habe das anders gedacht. Sodaß die Anlehnung an den Konferenzraum schon viel früher beginnt, so wie wir das Anatomiegebäude im Entwurf immer mitgedacht haben. Zum Beispiel durch ein Leitsystem oder was auch immer. Eher indirekt.

J: Aber es ist gut, daß es noch Ideen gibt, die noch dranhängen.
P: Ich finde es eigentlich gut, daß sich aus dem Raum nichts herausträgt. Also daß es sich nicht aufdrängt, quasi du betrittst daß Gebäude und der Raum schreit schon: Komm hierher. - So ist die Überraschung viel größer.
J: Auf der anderen Seite ist der Raum immer mit dem gesamten Gebäude gedacht worden.
R: Aber eher in einer Opposition dazu.
J: Das stimmt, aber ob der Überraschungsmoment so wichtig ist, ist die Frage. Die Oppostion wäre ja trotzdem da.
P: Im Allgemeinen finde ich, daß es zu Konferenzraum-lastig ist.
Die letzten Diskussionen vor dem Bau drehten sich noch mehr um die Schiffsmetapher. Bei Details wie zum Beispiel daß der Tisch eingelassen ist in den Boden und mit was für Geräten oder Griffen kriegt man den wieder raus aus dem Boden, gings auch immer darum wie das auf einem Schiff funktioniert.
R: Es ist eben ein Hybrid, das funktionale Setting ist eher das eines Schiffes und die Ästhetik, bzw die Oberfläche die eines Konferenzzimmers.

P: Und was hat es mit dem Balkon auf sich? Der stellt auf der einen Seite ja ein Zeichen nach Außen dar, auf der anderen Seite, finde ich, ist er auch ein komsiches Zitat...
R: Schiffsmäßig gedacht wäre es dann eher ein Ausguck als ein Balkon, besonders in dieser Größe.
J: Ich hab über den Balkon nicht soviel nachgedacht. Aber ich finde das Dach, das sich ja direkt vor dem Fenster befindet schafft so einen Impuls, oder den Wunsch den Raum wieder zu verlassen.
P: Die Idee war auch, daß es kein permanenter Balkon ist, sondern bei geöffnetem Fenster klappt sich der Balkon aus.

P: Ich finde es lustig, wie schiach es ist, wenn man eine der Stauraumplatten aufhebt um in den Stauraum zu kommen.
J: Findest du es schiach?
P: Ja weil unten nur dieses Gerüst steht.
J: Ich finde das immer sehr schön, man sollte die Platten weglassen!
P: Es ist eben ein krasser Gegensatz zu dieser Oberfläche.
R: Da ist ja auch die Verbindung zu W...WirWissen, weil das Kulissenhafte zum Vorschein kommt. Die Bank ist auch nichts anderes als ein Faulenzer.
J: In der Diskussion am Neusiedler See gings darum, daß man keinen informellen Raum bauen kann, weil wir selbst schon so informell sind. Es braucht eben so ein Setting.
R: Der Konferenzraum kommt ja eigentlich von der Überaffirmation der Repräsentation. Daß man ein informelles Treffen in einem repräsentativen Raum macht. Wenn man an einem fetten Tisch sitzt und redet, wird auch das was man redet fett.
J: Wenn ich mir den Raum anders vorstelle, würden wir ihn auch ganz anders benützen.
R: Ja er bedingt zum Beispiel eine gewisse Sauberkeit.
P: Ja auf dem Laminat nervt jedes einzelne Brösel. Es ist lässig mit dem Swiffer den Boden zu polieren, das funktioniert wie in der Werbung, das Ding gleitet einfach drüber.

R: Wenn man den Prozeß überdenkt, ist es ein Musterbeispiel von bewußten Entscheidungen und informellen Prozeßen und Zufällen, es ist keine Reißbrettplanung und nicht „lass-uns-was-machen“, dadurch hat es eine bestimmte Logik bekommen.
J: Wir haben über eine lange Zeit „gesammelt“ in Gesprächen usw, ich glaube nicht daß wenn wir zu einem früheren Zeitpunkt in den Baumarkt gegangen wären denselben Gedanken gehabt hätten. Deshalb hat es auch so schnell funktioniert im Endeffekt. Aber wie hast du das mit den bewußten Entscheidungen gemeint.
R: Naja einerseits, daß Dinge total zufällig entstehen, so wie die Abschrägung bei der Bank, und andererseits als wir im Baumarkt das Aktionslaminat gesehen haben.
J: Das gibt es ja im Architekturdiskurs, das Zufallsprinzip als Entwurfsmethode.
R: Das ist so etwas wie eine performative Recherche. In den Baumarkt zu gehen ist anders als in einem Buch zu blättern und zu sagen, das gefällt mir. Christian und ich wollten für das Schiffs Logbuch auch zum Buchbinder gehen und uns da vor Ort was ansehen, weil vielleicht stolpert man über etwas.
P: Das trifft sich gut mit dem Kreissägen, und dem Handwerken das war gewissermaßen auch ein Ausflug und macht Spaß. Weg vom Computerschirm.
R: Wie ein Rollenspiel, ein Theaterstück das Handwerken.
P: Dafür ist es ziemlich gut geworden, und auch verletzungsfrei.
R: Nicht für die Sägen, das Match Manoa- Werkzeugkiste ist 2:0 ausgegangen.
J: Mich hat das eigentlich sehr verwundert, daß das Bauen so gut funktioniert hat.
P: Wieso?
J: Ich dachte daß niemand kommen würde.
R: Allerdings hat es auch einen K0 Effekt gegeben.
J: Was ist das?
R: Damals in K0 hatten wir von irgendjemand Geld erpresst und einen Salon eingerichtet in der alten Mensa auf der Akademie. Alle waren total begeistert, wir haben riesige Vorhänge gekauft und Möbel gefunden und gebracht, und dann als alles fertig war, hatte niemand mehr Lust was zu machen. Man baut so ein Ding, dann sind alle so erschöpft, daß nichts mehr weiter geht. Aber das ist auch das wichtige wenn man von Heterotopien spricht, daß es nicht darum geht irgendwelche Vortragsreihen im Raum runterzubiegen, sondern vor allem daß man Leute zusammenbekommt, die diesen Raum eine Woche lang bauen.
P: Ich glaube es hätten viel größere Konflikte entstehen können, wenn die einzelnen Personen versucht hätten ihre eigenen Vorstellung - von wegen wie man das jetzt am besten baut -, durchzusetzen. Zum Beispiel wie man eine Säge richtig hält, wo man ansetzt.
R. Diese Konflikte waren eh da.
P: Das sind keine Konflikte, die das Projekt zum Scheitern bringen.
R: Es ist so ein Aussitzen, eine Aussitz - Demokratie.

J: Und findet ihr dass es einem bewusst sein sollte, dass wenn man den Raum baut – dass genau das gleichzeitig eine Heterotopie darstellt?
P: Aber das war ja bei uns jetzt nicht unbedingt so – oder?
R: Na bei mir schon, ich kann mich erinnern ich weiss nicht wann das war – dass ich begonnen habe Dinge aufzuschreiben, Notizen zu machen. Das war der Punkt wieso ich für die Ankündigungen begonnen habe nur noch dieses Ding zu beschreiben weil ich mir dachte ich habe keinen Bock – da etwas Theoretisches zu den Heterotopien zu fantasieren – was nicht da ist weil ich das ja schon leiwand finde, und man muss das auch leiwand finden – das präsent sein lassen.
J: aber das war ja sozusagen im nachhinein
R: Ne das war nicht im nachhinein, das hat bei mir beim bauen begonnen
P: Aber ich glaube das trifft sich eben ganz gut mit dieser handwerklichen tätigkeit, dass das eine das andere verdrängt, das man sagt man schiebt jetzt eine diskussion über heterotopien auf die seite und gibt dafür dem segeln oder so viel mehr Platz.
R: Ja, wobei das würde ich aber nicht so ausschliessend formulieren, also ich glaube nur das Sägen ohne den Theoriekontext, das würde für mich nicht so viel Sinn machen – oder es macht mehr Sinn sooo für mich.

J: Diese Uni ist sowieso eine irre Uni, das ist ja eine totale un-Uni,–die sieht ja ur reich aus – die schaut nach reichen JapanerInnen aus.
R. Die schaut Scheisse reich aus – aber wirklich reich sieht sie nicht aus.
Alleine diese Mensa...
P: Aber ich finde es eher nicht so – ich meine ich finde die Preise in der Mensa schon Scheisse – aber wenn ich mir dieses Hundeklo ansehe vor der Uni dann finde ich es eigentlich ziemlich grindig.
J: Welches Hundeklo?
P: Na da gibt es diesen Grünstreifen zwischen Uni und S-bahn – und das ist ein Hundeklo.
R: Aber diese Uni ist eifach schon auf chick hergerichtet
P: Ich glaube der Hundestreifen ist das Überbleibsel der Veterenärmedizin.
Und eine Hundeklinik gibt es dort auch gleich um die Ecke.
C: Wahrscheinlich ist der Garten hinten deshalb abgesperrt, weil alles voll mit Tierkadavern ist.
R: Das war total interessant -ganz am Anfang war ich dort alleine am Abend, und ich habe mit dem Silvio geredet und er hat gemeint, dass das Gebäude eine Geschichte hat, und dass man die noch spürt und dass das Gebäude lebt.
C: Und hat er dann eine bestimmte Geschichte gemeint oder hat er einfach gespürt?
R: Na ziemlich Eso mäßig –aber leiwand ich steh auf Eso. Nix Bestimmtes, er meinte einfach, das ist so ein Gebäude – da weht noch die Institution durch.
C: Für mich ist das – obwohl es so ein altes Gebäude ist, ein typisches Modernisierungsgebäude, dieses Labormäßige –so eine 60er Jahre Szenerie.
R: Eh - in einen Altbau gesetzt –da wo das Feudale kommerzialisiert worden ist. Die Elektriker sagen, niemand kennt sich aus mit den Leitungen, weil die eben so mit der Zeit so durchgewachsen sind, so wie Wurzeln.

R: Ja, das sind jetzt andere Besitzverhältnisse, ich meine, da ist eben jetzt diese Bundesimmobililiengesellschaft von der die Universität für darstellende Kunst das ganze Areal mietet - da gibt es auch Probleme, so wie mit den Schlüsseln zum Beispiel oder dass die Strompläne alle weg sind. Hier gibt es einfach ein ökonomisches Interesse.
J: Ist das Gebäude ursprünglich für die Veterenärmedizin gebaut worden? Weil mein Vater hat mir erzählt, dass die Universitäten damals thematisch platziert worden sind in der Stadt. Die Boku auf einem Hügel, da war rundherum nichts, nur Felder, man könnte mal nachschauen wieso die Veterenärmedizin genau hierher gepflanzt worden ist.
C: Vielleicht weil da der Viehmarkt war...Was der Heumarkt wohl für eine Funktion hatte, ob man da das Heu gekauft hat für die ganzen Viecher?
J: Nein, am Heumarkt haben sie geboxt. Zuerst haben sie das Heu verkauft und dann haben sie geboxt.
P: Ich meine das Boxen kam erst später.
J: Das Boxen könnte natürlich durch den Heuverkauf gekommen sein.
C: Wo haben sie da geboxt am Heumarkt?
J: Das muss unsere Research Abteilung rausfinden bitte.

Transkription: Christina Linortner, Julia Wieger